Die Filmstarts-Kritik zu What Happens Later (2024)

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What Happens Later

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

2,0

lau

What Happens Later

Die RomCom-Queen in der Twilight Zone

Von Jochen Werner

Dass die romantische Komödie seit zwei, drei Jahren eine kleine Renaissance im Kino erlebt, war zuletzt nicht mehr zu übersehen. Ursprünglich zählte das Genre ja über Jahrzehnte zu den tragenden Säulen des Hollywood-Kinos, und im Verlauf der erweiterten Neunzigerjahre – also in etwa von „Harry und Sally“ (1989) bis „Tatsächlich… Liebe“ (2003) – erlebte es gar ein Goldenes Zeitalter mit eigenen Stars und regelmäßigen Erfolgen an den internationalen Kinokassen. Wie so viele der etablierten, moderat budgetierten Genres verschwand es jedoch in den Zehnerjahren weitgehend von den Kinoleinwänden: Einerseits wurde es von den Streamern gekapert, andererseits konzentrierten sich die großen Filmstudios zunehmend auf die Pflege verzweigter Franchises statt einzelner, für sich stehender Filme.

Heute verdichten sich die Anzeichen, dass wir am Beginn eines neuen Epochenwechsels im Kino stehen könnten, an dem das Interesse des zukünftigen Publikums an Cinematic Universes abflaut und originale filmische Stoffe wieder höher im Kurs stehen. Die ersten Schritte auf diesem Weg sind im Genre der RomCom längst getan – auch wenn diese in Sachen Originalität hier und da noch zu wünschen übrigließen und eher rückwärtsgewandt daherkamen. Eine schlüssige Entwicklung vielleicht sogar, denn neue RomCom-Darsteller*innen wurden in den vergangenen anderthalb Dekaden nun mal keine aufgebaut – da lag es nahe, die zuletzt ohnehin oft unterbeschäftigten Stars der 90er zurück vor die Kamera zu holen.

Bevor neue Stars kreiert werden, kehren erst mal die alten zurück

Den Anfang machte Sandra Bullock im kurzweiligen „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“-Ripoff „The Lost City“, der ein wenig überraschend zum Kino-Achtungserfolg wurde. Bald folgten Jennifer Lopez („Marry Me“) und Julia Roberts („Ticket ins Paradies“). Diese Comebacks gelangen mal besser und mal schlechter, eine Antwort auf die Frage, wie man mit neuen Kino-RomComs nicht nur nostalgische ältere Fans ins Kino locken, sondern auch ein junges Publikum erreichen könnte, lieferte allerdings erst „Wo die Lüge hinfällt“ – ein Film, der zunächst zum Social-Media-Hype und dann auch folgerichtig zum Kassenerfolg wurde und der Hauptdarstellerin Sydney Sweeney die Tür öffnen könnte, zum ersten eigenen RomCom-Star des 21. Jahrhunderts zu werden.

Aber dieser Erfolg bedeutet keineswegs, dass die Retrowelle deshalb schon abgeebbt wäre. Und wie könnte sie das auch, ohne den zweifelsohne größten Star der Romantischen Komödie der 90er-Jahre noch einmal zurück vor die Kamera zu holen? In „What Happens Later“ führt die unbestrittene Queen Of RomCom Meg Ryan zudem Regie – und das Drehbuch hat sie sich auch noch selbst auf den Leib geschrieben. Dessen Ursprung in einem Theaterstück ihres Co-Autoren Steven Dietz merkt man dem Film allerdings deutlich an: Im Gegensatz zu den Konkurrenzproduktionen mit Bullock oder Roberts, die in abenteuerlichen Dschungeln oder tropischen Ferienparadiesen spielen, ist „What Happens Later“ ein Kammerspiel, das über seinen bühnenhaften Charakter niemals hinwegzutäuschen versucht.

Die Filmstarts-Kritik zu What Happens Later (1) Universal Pictures

Meg Ryan selbst spielt Willa, eine einsame Frau mittleren Alters, die während eines ungeplanten Zwischenstopps an einem eingeschneiten amerikanischen Provinzflughafen ihren früheren Geliebten Bill (David Duchovny) wieder trifft. Den hielt sie einst für die Liebe ihres Lebens, bis er sie recht überstürzt verließ – und zumindest Willa glaubt, er habe ihr eigentlich nie so richtig gesagt warum. An dem seltsam menschenleeren Flughafen schlagen sich die beiden einstigen Liebenden nun eine lange Nacht um die Ohren – und kommen rasch zu dem Schluss, dass sie sich nun wohl oder übel alles sagen müssen, was ihnen bereits seit Jahrzehnten unausgesprochen auf der Seele liegt...

Das klingt nach einem durchaus reizvollen Setting für eine eher minimalistische Best-Ager-RomCom, inklusive melancholischem Blick zurück auf Verlorenes, Verpasstes, Versäumtes und vielleicht, am Ende, die Chance auf einen zweiten oder dritten Frühling. Allerdings müssten die Dialoge funkeln, um dieses Zweipersonenstück ebenfalls zum Funkeln zu bringen, und bereits daran hapert es hier doch beträchtlich. Gewidmet ist „What Happens Later“ der großen Regisseurin und Autorin Nora Ephron („Schlaflos in Seattle“), der Ryan im Grunde ihre ganze Karriere zu verdanken hat. Nach dem Witz, dem Charme und der Freude am Formulieren treffender Bonmots, die Ephrons Schaffen stets auszeichnete, sucht man hier jedoch weitgehend vergebens. Seltsam schwerfällig und umständlich kommt das Hassliebe-Geplänkel zwischen Ryan und Duchovny daher – und gäbe es gegen Ende nicht eine schöne Tanzszene zu einem Song der Lightning Seeds, würde der Funke zwischen beiden eigentlich nie so recht überspringenl. Ein Todesurteil für jede RomCom!

Die Filmstarts-Kritik zu What Happens Later (2) Universal Pictures

Aber wo wir gerade über die Musik sprechen – auch daran lassen sich zwei grundsätzliche Probleme dieses Films festmachen, den man doch so gern mögen würde. Zunächst einmal ist da der Soundtrack des Films, eine klebrig sentimentale Emotionssauce, die so ziemlich den kompletten Film zukleistert und einen Rhythmus vorgibt, der von vornherein keine stilleren Zwischentöne vorsieht. Und dann ist da der Musikdiskurs im Film selbst, der eine ziemlich angestaubte Früher-war-alles-besser-Attitüde bedient: Wenn Willa und Bill vom Rock & Roll schwadronieren, der einmal so viel bedeutet und heute seine Seele an die Algorithmen verkauft habe, kommen sie dabei allen Ernstes mit Pearl Jam und Soundgarden um die Ecke. Natürlich kann man auch interessante Filme machen über diese Wucht der Vergangenheit, die Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu überrollen tendiert, aber „What Happens Later“ behandelt solche Nostalgie-Impulse bloß auf dem Niveau einer Facebookgruppe für 90er-Memes.

Wenn es etwas gibt, das „What Happens Later“ trotz allem interessant macht, dann ist das eine gewisse Absurdität, die vor allem vom Schauplatz ausgeht. Denn dieser nächtliche Flughafen ist keineswegs ein realer Ort, sondern ein fast spukhaftes Setting. In vielen Szenen sind Willa und Bill dort komplett allein, obwohl auf der Anzeigetafel zahlreiche, immer wieder aufs Neue verschobene Flüge aufgelistet sind. In anderen Momenten laufen Statist*innen im Hintergrund mit völlig ausdrucksloser Miene zielstrebig von Hier nach Dort durchs Bild und wirken dabei geradezu gespenstisch. Magisch oder bezaubernd wirkt dieses außerweltlich anmutende Setting jedoch nie, eher ein bisschen creepy. So in etwa stellt man sich eine Episode der „Twilight Zone“ vor, in der die Opfer eines Flugzeugabsturzes in einem seltsam entrückten Jenseits ihre Lebenserinnerungen aufarbeiten.

Fazit: „What Happens Later“ ist definitiv ein ungewöhnlicher Film. In ihrer zweiten Regiearbeit trägt die einstige Queen of RomCom ihre ganz eigene Variation einer romantischen Komödie mit zwei Protagonist*innen in der zweiten Lebenshälfte zur Renaissance des Genres bei. Das funktioniert allerdings nie so, wie sich Meg Ryan es wohl gedacht hat – und wirkt über weite Strecken eher seltsam und ein bisschen creepy als leichtfüßig und bezaubernd. Vermutlich ist es inzwischen einfach an der Zeit, das Weiterschreiben der Geschichte dieses eigentlich grundlegend zeitlosen Genres einer neuen Generation zu überlassen.

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